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Schufa - Inkasso - DSGVO – Urteile, Analysen und Tipps.

Urteile zur SCHUFA: Warum die pauschale 3-Jahres-Frist rechtswidrig sein kann

Hinweis: Ich bin kein Jurist – das ist meine persönliche Zusammenfassung in verständlicher Sprache.

Immer mehr Gerichte erkennen: Die pauschale Speicherung erledigter Forderungen durch Auskunfteien – insbesondere auf Basis des sogenannten „Code of Conduct“ – hält der DSGVO nicht stand. Im Folgenden findest du eine Übersicht aktueller Urteile mit zentralen Zitaten und Einordnungen.

🔎 Was du hier findest:

  • Zentrale Aussagen der Gerichte
  • Einordnung der Aussagen
  • Links zu den Urteilen auf dejure.org

LG Berlin 30.12.2024 Az: 63 O 56/24

https://dejure.org/2024,45163

Kernaussagen

  • Rückfallgefahr laut SCHUFA-Statistik nur 5–6 % → "nur marginal"
  • Keine Rechtfertigung für pauschale Speicherfristen
  • KPMG-Gutachten ist nicht geeignet als Nachweis
  • Code of Conduct hat keine Rechtswirkung
  • DSGVO Art. 6 Abs. 1 lit. f hat Vorrang
  • Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass Speicherfristen individuell gerechtfertigt werden.
Zitate aus dem Urteil

S. 6 Abs 3
Gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO (i.V.m. § 31 Abs. 2 S. 2 BDSG) ist eine Verarbeitung nur
rechtmäßig, wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist und nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.
Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist demnach unter drei kumulativen Voraussetzungen rechtmäßig: 
Erstens muss von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von einem
Dritten ein berechtigtes Interesse wahrgenommen werden, zweitens muss die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erforderlich sein und drittens dürfen die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Person, deren Daten geschützt werden sollen, nicht überwiegen (EuGH, Urteil vom 4. Juli 2023, C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 106 m.w.N.).
S. 7 Abs 4
Die Beklagte hat zwar behauptet, dass auch nach Erfüllung einer Forderung für einen weiteren Zeitraum von drei Jahren ein statistisch signifikant erhöhtes Risiko eines erneuten Zahlungsausfalls bestehe. 
Zum einen wurde ein solcher statistisch signifikanter Zusammenhang durch den Kläger aber bestritten. 
Dennoch hat die Beklagte für ihre Behauptungen kein geeignetes Beweisangebot unter-
breitet, obgleich sie hierauf durch die Klagepartei mit Schriftsatz vom 04. Juli 2024 ausdrücklich hingewiesen worden ist. Die vorgelegte Stellungnahme von KPMG vom 11. September 2023 stellt kein geeignetes Beweisangebot dar; sie enthält lediglich eigene Würdigungen der dortigen Unternehmensberater ohne hinreichende Offenlegung der zugrundeliegenden Daten. Überdies ergibt sich aus den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 06. Dezember 2024 behaupteten Zahlen nur eine vergleichsweise marginale „Rückfallgefahr“, nämlich nur in 5-6 % der Fälle. Auf eine etwaige Verspätung des erst mit Schriftsatz vom 06. Dezember 2024 vorgebrachten Vortrags nach §§ 282 Abs. 2, 296 Abs. 2 ZPO kommt es danach nicht mehr an.
S. 10 & S. 11
Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem durch den Verband der Wirtschaftsauskunfteien e.V. gemäß Art. 40 Abs. 2 DSGVO entwickelten sog. „Code of Conduct“, mit dem sich die deutschen Wirtschaftsauskunfteien zur Einhaltung von Verhaltensregeln für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten selbst verpflichtet haben. 
Diese Verhaltensregeln,die grundsätzlich eine dreijährige Löschungsfrist nach dem Ausgleich der Forderungen festlegen, entfalten keine materielle Rechtswirkung. Die in solchen Verhaltensregeln festgelegten Bedingungen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten können nicht von den in Art. 6 Abs. 1 DSGVO festgelegten Bedingungen abweichen, weshalb Verhaltensregeln, die zu einer anderen Beurteilung führen würden als derjenigen, die sich nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ergibt, bei der Abwägung nicht berücksichtigt werden (EuGH, Urteil vom 07. Dezember 2023,C-26/22 und C-64/22, EU:C:2023:958, Rn. 104 f.)


OLG Köln vom 10.04.2025 ( noch nicht Rechtskräftig ) 15 U 249/24

https://dejure.org/2025,8510

Kernaussagen:

  • Auch Schuldnerverzeichnis-Einträge dürfen nicht länger gespeichert werden als im Register selbst.
  • Der Code of Conduct ist nicht entscheidungsrelevant, wenn er gegen Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO verstößt.
  • Erledigte Einträge ( Bezahlte ) sind nach Ansicht des Gerichts sofort nach Erledigung zu Löschen.
Zitate aus dem Urteil

Rn. 19
bb) Zwar bezieht sich die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nur auf in einem Insolvenzregister veröffentlichte Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung. Für Eintragungen im Schuldnerverzeichnis gemäß § 882b ZPO kann aber nichts Anderes gelten (vgl. BeckOK-Datenschutzrecht/Krämer, § 31 BDSG Rn. 77 [Stand: 1. November 2024]), denn zwischen dem Insolvenzregister und dem Schuldnerverzeichnis bestehen keine Unterschiede, die für die vorzunehmende Interessenabwägung von wesentlicher Bedeutung wären. Es ist der Beklagten deshalb verwehrt, aus dem öffentlichen Schuldnerverzeichnis stammende Informationen zum Zweck der Lieferung von Auskünften über die Kreditwürdigkeit der eingetragenen Schuldner für einen Zeitraum zu speichern, der über die Speicherdauer der Daten im öffentlichen Register hinausgeht (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 13. März 2024 - 13 W 9/24, Anlage zur Berufungsreplik; LG München, Urteil vom 19. Juli 2024 - 47 O 16029/23, Anlage zur Berufungsbegründung).

Rn. 29
b) Dass nach Ziffer IV. 1 Buchstabe b der vom Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit genehmigten Verhaltensregeln für die Prüf- und Speicherfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien vom 25. Mai 2024 auch personenbezogene Daten über ausgeglichene Forderungen für bestimmte Zeiträume gespeichert werden dürfen, ist unerheblich. Denn Verhaltensregeln im Sinne des Art. 40 DSGVO, die zu einer anderen Beurteilung führen würden als derjenigen, die sich nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchstabe f DSGVO ergibt, können bei der Abwägung nach dieser Bestimmung nicht berücksichtigt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2023 - C-26/22, ZD 2024, 166 Rn. 105). Davon geht die Beklagte auch selbst aus.


LG Traunstein 14.02.2025 Az: 6 O 1888/24

https://dejure.org/2025,5826

Kernaussage:

  • Der CoC ist kein Gesetz – daher jederzeit gerichtlich überprüfbar.
Zitate aus dem Urteil

S. 6 Abs 2:
Dennoch sind die im CoC vorgesehenen Löschungsfristen im Einzellfall bei der nach Art 6 DSGVO vorzunehmenden Einzellfallabwägung durch das Gericht überprüfbar.
Denn der CoC enthält lediglich Verhaltensregeln…..    
Er hat also keinen Gesetzescharakter….


LG Mönchengladbach 02.09.2024, Az.: 10 O 158/23

https://dejure.org/2024,45161

Kernauassagen:

  • Eine Datenverarbeitung ist nach 6 Monaten ab Erledigung nicht mehr rechtmäßig im Sinne von Art. 6 DSGVO.
  • 3-Jahres-Speicherfrist hat keine Rechtsgrundlage mehr ( Aus altem BDSG )
  • Die SCHUFA kann sich nicht auf ihre eigenen Verhaltensregeln berufen, weil:
  • "sie nicht gesetzlich legitimiert sind,"
  • "keine Betroffenenbeteiligung bei der Erstellung erfolgte"
  • "und sie keine Aussagen zur Rechtmäßigkeit der Verarbeitung machen."
  • Grundrechte überwiegen eindeutig ( Art. 8 EU-Grundrechtecharta (Datenschutz) ,Vertragsfreiheit...)
  • Gerichte – nicht Auskunfteien – bestimmen Löschfristen
Zitate aus dem Urteil

S. 5 Abs 5:
Diese Daten werden von der Beklagten mit Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt der Erledigung der Forderung. (sic!) nicht mehr rechtmäßig im Sinne von Art. 6 DSGVO verarbeitet. Für die Voraussetzungen des Löschungsanspruchs kommt es hierbei auf den Zeitpunkt der Prüfung des Löschungsanspruchs und nicht auf den Erhebungszeitpunkt an ( OLG Schleswig, Urt. v. 3.06.2022, 17 U 5/22, zit n. juris; OLG München, Urt v. 24.10.2022, 3 U 2040/22, zit n. juris, jeweils m.w.N.).

S. 7 Abs 1
Abs. 1 GG und Art. 8 Grundrechte-Charta der Europäischen Union selbst ein,
sondern auch in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit, die allgemeine
Vertragsfreiheit und die Berufsausübungsfreiheit. Insoweit ist unerheblich, ob in der
Vergangenheit tatsächlich ein Vertragsabschluss an der Eintragung gescheitert ist,
was die Klägerin in der Tat nicht vorgetragen hat. Auch wenn die Klägerin bereits
über eine Wohnung und ein Konto verfügen mag, ist es ihr aufgrund der
Datenverarbeitung erheblich erschwert, die Bank zu wechseln, Verträge in
bestimmten Branchenbereichen abzuschließen oder sich eine neue Wohnung zu
suchen. Vor diesem Hintergrund führt auch die Abwägung der Interessen und
Grundrechte der Klägerin mit den berechtigten Interessen der Vertragspartner der
Beklagten im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO dazu, dass die Interessen
und Grundrechte des Klägers überwiegen, soweit eine Speicherung über einen
Zeitraum von 6 Monaten hinaus vorgenommen wird.

S. 8 Abs 2
Andere Erwägungen ergeben sich auch nicht angesichts der vor der Vornahme der
freiwilligen Löschung noch nicht abgelaufenen dreijährigen Speicherfrist der
Selbstverpflichtung der Beklagten in ihren „Verhaltensregeln für die Prüf- und
Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen
Wirtschaftsauskunfteien“ v. 25.05.2018. Zum einen lässt sich den Verhaltensregeln
keinerlei Überlegungen zur Rechtmäßigkeit der Datenerhebung entnehmen, welche
zudem ohne Beteiligung der Betroffenen oder ihrer Interessenvertreter durch einen
Wirtschaftsverband aufgestellt wurden. Zum anderen orientiert sich die Frist von 3 Jahren an der früheren im Datenschutzrecht geregelten Löschungsfrist des § 35 Abs.2 S. 2 Nr. 4 BDSG a. F.. Die Dreijahresfrist wurde durch den Gesetzgeber jedoch bewusst in das neue Datenschutzrecht nicht überführt. Insoweit hat der Gesetzgeber
schlicht gar keine Regelung zu den Löschungsfristen für Auskunfteien postuliert. Es kann angesichts der erheblichen Grundrechtsrelevanz für den Betroffenen dabei nicht der Beklagten überlassen werden, allgemeingültige Löschungsfristenfestzusetzen. Es ist somit vielmehr an den Gerichten zu entscheiden, bis wann von
einem berechtigten Interesse der Beklagten im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. f) i.V.m Art.
5 DSGVO auszugehen ist (so überzeugend OLG München, Urteil vom 24.10.2022 ,
a. a. O..


LG München I  19.07.2024 Az: 47 O 16029/23

https://dejure.org/2024,45160

Kernaussage:

  • Gesetzgeber wollte die alte Löschfrist von 3 Jahren nicht ins neue Datenschutzrecht übernehmen.
"Die Dreijahresfrist wurde durch den Gesetzgeber [...] nicht überführt."

LG Traunstein 28.10.2024 Az: 3 O 801/24  

https://dejure.org/2024,45162

  • Bezahlte Forderungen dürfen nicht länger gespeichert werden als eine Restschuldbefreiung. ( 6 Monate )
  • Es ist egal, ob staatliches Register oder private SCHUFA
    die Löschfrist gilt für alle gleichermaßen.
Zitate aus dem Urteil

S. 6 Abs 2
Nachdem eine Datenspeicherung betreffend die Restschuldbefreiung nach Ablauf von 6
Monaten zu löschen ist (s.o.), ist aber erst recht eine Speicherung eines titulierten Forde-
rung über 6 Monate hinaus nach deren Erfüllung unzulässig.
Die Interessenlage des von der Datenverarbeitung betroffenen Schuldners, hier des Klä-
gers, an der Löschung ist identisch mit derjenigen im Falle der Restschuldbefreiung. Der
Umstand, dass es sich im Fall von § 3 InsoBekV um die Speicherung in öffentlichen Ver-
zeichnissen handelt, bei der Speicherung durch die Beklagte hingegen nicht, spielt für die
maßgebliche Interessenlage keine Rolle.

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